Poesie der Befreiung
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Henry-Martin Klemt

 





achlässe

Kraft seines Letzten Willens hat mich Klaus-Dieter Schönewerk (1942 - 2014) dazu bestimmt, seinen literarischen Nachlass und den seiner Frau Eva (1946 - 2009) zu betreuen. Daraus sind zwei Werkausgaben ihrer Gedichte entstanden.




Gesicht einer Frau Foto: Henry-Martin Klemt

Eva Schönewerk
„Solange es Schweigsameres, Hilfloseres, Unbegriffeneres gibt als mich, werde ich die Poesie anrufen“, schrieb Eva Schönewerk 1982. Ein Leben lang hat sie das getan. Eine Neugierige, eine Sehende, eine Mitempfindende und Nachspürende, die auf wunderbare Weise fähig war, diese Eigenschaften weiter zu geben – vor allem an Kinder und Jugendliche, aber auch an Weggefährten, die ebenso alt oder älter waren.
"Liebe muß der Wahrheit Schwester sein" umfasst das lyrische Werk von Eva Schönewerk (1946 bis 2009). Der Herausgeber Henry-Martin Klemt wählte die Gedichte aus Manuskripten, Typoskripten und Veröffentlichungen aus, er nutzte Tagebücher, Korrespondenzen, Publikationen, Notizbücher und Zettelsammlungen. Mit mehr als 250 Gedichten zeichnet er Eva Schönewerks Lebenskreise nach. So entsteht das umfassende Bild einer Autorin, für die das poetische Wort das wichtigste Mittel war, Erfahrenes wiederzugeben und zu gestalten. Eva Schönewerks Bildsprache ist reich und präzise, sie kann sich mit großen Vorbildern von Erich Arendt bis Johannes Bobrowski messen.
"...Aber man sieht eben nicht nur mit dem Auge. Wenn die Seele, warum auch immer, sich nicht geöffnet hat, dringt nix ins Bewusstsein. Und das geht schnell, wenn alles verstellt ist von Sorgen und Problemen. Ich glaube, daß ich deshalb schon immer schreibe - sehen wollen, die Seele freimachen für das, was vor ihr, um sie herum ist, eine tiefe Art Entspannung, in der sogar Schmerz eine sanftere Form annimmt...", schrieb Eva Schönewerk in einem Brief. Die Seele des Hörenden, des Lesenden zu öffnen, war ihr wichtiger, als ein Urteil zu fällen. Dem Wahrgenommenen sprachliche Gestalt zu geben, schien ihr bedeutsamer als die Reflexion.
„Lyrik war Randbemerkung des Tages, das vernachlässigte Gespräch, Ermunterung, sich selbst zu stellen; Spaß an der Metapher…, Versuch, dem Begriff beizukommen, ihn im Sinnlich-konkreten erlebbar, erfüllbar zu machen“, bekannte die Dichterin, die zugleich leidenschaftliche Pädagogin war, Poesiepädagogin, wie sie sich nannte, als sie Heranwachsende zum Schreiben ermutigte. Der Sinn zeigt sich in den Dingen, er offenbart sich im Spiel mit ihnen. Spiel ist Ernst ohne Angst vor dem Unwiderruflichen. Die Dichterin Eva Schönewerk hat daraus Bleibendes geschaffen.
Ihr Werk reiht sich ein in die deutsche Natur- und Gesellschaftslyrik des 20. Jahrhunderts. Sie vermittelt ein Frauenbild im Wandel und ein Menschenbild, in dem Nähe größte Sehnsucht und größte Triebkraft ist.

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Klaus-Dieter Schönewerk 

Gesicht eines Mannes Foto: Henry-Martin Klemt

Klaus-Dieter Schönewerk wurde am 14. Februar 1942 in Greußen (Thüringen) geboren. Seine Mutter war Schrankenwärterin. Sein Vater starb als Soldat der Wehrmacht in Stalingrad. Nach dem Abitur arbeitete Klaus-Dieter Schönewerk als Redaktionsassistent bei der Zeitung “Das Volk“ in Mühlhausen und als Leiter des Kulturhauses Greußen. Von 1962 bis 1967 studierte er an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Germanistik und Kunstgeschichte. 1970 heiratete er Eva Camilla Obst. Von 1967 bis 1992 war Klaus-Dieter Schönewerk Mitarbeiter der Kulturredaktion der Zeitung Neues Deutschland und dort zuständig für Bildende Kunst, später für Literatur - insbesondere DDR-Literatur - sowie Essayistik. Danach wechselten Arbeitslosigkeit und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. So leitete Klaus-Dieter Schönewerk unter anderem die Kiez-Zeitung Mittendrin im Prenzlauer Berg in Berlin. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er 1972 den Zirkel Schreibender Arbeiter der Druckerei und des Verlages Neues Deutschland - heute Friedrichshainer Autorenkreis - den er bis zu seinem Tod leitete. Für seine Verdienste in der Literaturförderung wurde er unter anderem mit dem Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes ausgezeichnet. Seit seiner Jugend veröffentlichte Klaus-Dieter Schönewerk vereinzelt Gedichte in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien, darunter in der „neuen deutschen literatur“. Mit „Museum für Wunder“ liegt erstmals eine Werkausgabe seines lyrischen Schaffens vor. Schönewerk starb am 6. März 2014.

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